Mittwoch, 6. April 2011

Zufälle gibt's

Die besten Geschichten schreibt das Leben - oder eben doch wir...
Diese Geschichte möchte ich aus einem ganz bestimmten Grund meiner Schwester widmen ;)

Zufälle gibt's, dachte Valerie und starrte ungläubig auf den Bildschirm. Da war sie doch tatsächlich dem Jungen wiederbegegnet, dessen Worte sie in Kindheitstagen tief verletzt hatten.
Und leider war er nicht wie erhofft dickbäuchig und kahl geworden, sondern hatte sich zu einem äußerst attraktiven jungen Mann entwickelt.
Diese Tatsache machte es für sie noch schwerer der Versuchung zu widerstehen, sich nicht in ihn zu verlieben. Denn er war fürchterlich nett und sympathisch...und spielte Gitarre.
Pling! Erschien er auf dem Bildschirm und lächelte: "Hallo Sonnenschein! Heute schon die Welt mit einem Lächeln beglückt?"
"Jetzt schon! Wie sieht's bei dir aus? Konntest du dich schon für einen neuen Song inspirieren lassen?"
"Ja, jetzt wo meine Muse mich unterstützen kann.", antwortete er keck, während er seine Gitarre nahm und leise vor sich hin zupfte. Irgendwo her, doch er war sich nicht sicher, kam ihm dieses peinlich berührte Lächeln bekannt vor. Doch er dachte nicht weiter darüber nach, sondern trug ihr sein Lied vor.
"Oh Sunshine...", sang er mit seinem tiefen Bass und verzog dabei seine Lippen zu einem Lächeln. Valerie betrachtete ihn verzückt (über Skype, falls sich hier jemand fragt, wieso sie sich sehen können). Als er klangvoll zum Ende kam, staunte Valerie bloß:
"Also wirklich, deine Muse hat's echt drauf!"

Valerie strich sich sich ihre langen schwarzen Locken aus dem gesicht und er bemerkte wie sie errötete.


Bestimmt konnte er sich nach all den Jahren schon nicht mehr daran erinnern. Doch Valerie kam all das so vor, als wäre es erst gestern gewesen: vor beinahe zehn Jahren waren die Beiden nämlich auf die Halloweenparty einer gemeinsamen Freundin eingeladen. Valerie, die alles in allem wenig Lust auf dieses Theater hatte, erschien an diesem Abend jedoch "in Zivil". So kam es, dass sie von der Mutter ihrer Freundin ein Kostüm aufzewungen bekam: ein weißer Maleranzug mit Kapuze und ein braun geschminktes, wenig begeistertes Gesicht.
So war sie ihm später am Abend, als alle Gäste auf Beutejagd nach Süßem oder Saurem waren begegnet, worauf er sie von der Seite dumm angemacht hatte:
"Als was gehst du denn, als Penner?", hatte er sie spottend gefragt. Daraufhin war sie so wütend geworden, dass sie nicht einmal darauf antworten konnte. Sie wollte diesen ganzen dummen Zirkus an Halloween doch eigentlich gar nicht mitmachen und das ihr improvisiertes Kostüm total erbärmlich war, wusste sie selbst. Aber es war so gemein von ihm, sie hier vor den Augen aller anderen so lächerlich zu machen!
Daran hatte sie noch jahrelang zu kauen gehabt und dass er jetzt so unverschämt nett und gutaussehend war, machte das Ganze auch nicht gerade besser.

Mittlerweile war sie jedoch zu einer reifen und selbstbewussten jungen frau herangewachsen und konnte sich verbal verteidigen. Auch auf heiße Flirts lie sie sich gerne ein.
"Da hast du absolut Recht. Ich glaube, ich habe sogar eine kleine Schwäche für meine Muse.", murmelte er und tat so, als wäre er damit beschäftigt seine Gitarre zu stimmen, nur um ihr dabei nicht in die Augen schauen zu müssen. Denn ihr süßes Lächeln brachte ihn um den Verstand. Jetzt hörte er ein leises, heiseres Lachen:
"Und warum kommst du dann nicht vorbei und zeigst deiner Muse, wie schwach du bei ihr wirst?", flüsterte Valerie. "Sie würde dich bestimmt gerne auffangen."
"Oh Mann! Ich glaube, ich höre die Englein im Himmel 'Hallelujah' singen. Falls das ein ernst gemeintes Angebot ist, kann ich in nullkommanichts bei dir sein.", strahlte er plötzlich vom einen zum anderen Ohr.
"Ich meine alles was ich sage ernst.", lachte sie in ihre Kamera: "Ich hätte dich jetzt gerne hier, schließlich haben wir noch was zu beenden (Anspielung auf den Halloweenabend)."


Gesagt getan machte er sich auf den Weg und klingelte keine 20 Minuten später an ihrer Haustür. Sie öffnete und schrie dann völlig unerwartet:
"Ich bin eine Mumie, das sieht man doch, du Vollidiot!!!" Dann knallte sie die Tür vor seiner Nase wieder zu und fühte sich befreit, wie schon lange nicht mehr.
"Hä?", fragte er irritiert und konnte sich beim besten Willen nicht erklären, was das gerade eben sollte. Hatte sie ihn etwa nur hier her bestellt, um ihn dann wie einen Deppen stehen zu lassen?

Da öffnete sie die Tür und schüttelte lachend den Kopf:
"Ist doch auch egal. Und jetzt komm endlich rein!", zog sie ihn ins Haus rein und die Tür fiel ins Schloss...



2 Kommentare:

  1. Na, da ist aber was neues noch dazu gekommen, am ende oder? das mit der Tür zu knallen?!

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  2. Jep, ich denke, dass kommt dem temperamentvollen Naturell unserer Protagonistin ein bisschen näher...
    Außerdem ist sie ja trotzdem noch ein klein wenig sauer auf den Kerl =)

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