Ich habe mir gedacht, ich zeige euch mal etwas, was ich einfach nur so schreibe. Noch habe ich keine Ahnung wohin es mich führt - also bleibt es spannend.
Der rote Schal
Sofie
betrachtete sich im Spiegel, drehte sich nach links und rechts, strich über ihr
weißes Sommerkleid und nickte dann ihrem Spiegelbild aufmunternd zu. Heute
würde ein guter Tag werden, schoss es ihr durch den Kopf, während sie ein paar
goldene Armreifen über ihr Handgelenk streifte. In ihre schulterlangen,
schwarzen, sonst eher glatten Haare, hatte sie mit dem Lockenstab ein paar
Wellen gezaubert und dann leicht zusammengefasst, sodass ihr jetzt nur noch ein
paar Strähnchen ins Gesicht fielen. Dies umschmeichelte ihre blauen Augen – die
Wimpern mit schwarzer Tusche verstärkt – und den zarten, roten Mund. Auf ihrer
Nase tanzten einige Sommersprossen der Sonne entgegen. Eine letzte Drehung vor
dem Spiegel und es konnte losgehen.
»Sofie, warte!
Vergiss deinen Schal nicht, heute Abend wird es bestimmt kalt.« Amy, Sofies WG-Mitbewohnerin lief
hinter ihr her, mit einem wehenden, roten Schal in der Hand. Dankend nahm Sofie
den Schal entgegen und stopfte ihn in ihre Handtasche. »Danke.«
»Und was habt ihr
heute vor, Du und Lukas?« Neugierig grinste Amy Sofie an und hob fragend die
Augenbraue. »Ach«, antwortete Sofie »nichts Besonderes.«
»Also wollt ihr
endlich miteinander schlafen, na Gott sei Dank!«
»Amy!! Ich bitte
dich!« Entrüstet schlug Sofie Amy auf den Arm, dann lächelte sie. Lukas und
Sofie hatten sich vor drei Monaten auf einer der unzähligen Studentenfeiern
kennengelernt. Sie hatten zusammen getanzt, gelacht und bis in die
Morgenstunden geredet, über Gott und die Welt. Kurz, sie hatten sich auf Anhieb
wunderbar verstanden. Der Monat darauf war geprägt von kitschigen
Gute-Nacht-SMS, unterhaltsamen Kinobesuchen, Wolkenbeobachten im Park und
flüchtigen Küsschen auf die Wange. Sofie kam sich mit ihren 23 Jahren wieder
vor wie ein Teenager, der alles nur noch durch die rosarote Brille betrachtete.
Lukas verhielt sich wie der perfekte Gentleman und bedrängte sie in keinster
Weise. Im zweiten Monat wurden die Umarmungen inniger, die Küsse tiefer und
Sofie schwebte auf Wolke sieben. Sie war dabei sich ernsthaft zu verlieben. In
den Vorlesungen und Seminaren malte sie Herzchen auf ihre Blätter, anstatt dem Dozenten
ihre Aufmerksamkeit zu schenken.
Heute wollten
Lukas und sie den nächsten Schritt in ihrer Beziehung – wenn man es denn bisher
so nennen konnte – gehen. Sofie lief mit freudiger Erwartung das Treppenhaus
herunter, verließ das Haus und klapperte auf ihren High Heels die Straße
entlang. Bis zu Lukas WG war es nicht weit, nur zwei Straßen entfernt und so
erreichte sie – auch in den hohen Schuhen – schnell das Haus. Lukas wohnte hier
zusammen mit seinem Mitbewohner Finn, der ebenso wie Sofie 23 Jahre alt war,
zusammen mit ihr Fotografie studierte und dazu noch ihr bester Freund war.
Genau genommen hatte Sofie Lukas auch über Finn kennen gelernt, der sie auf der
Party einander vorgestellt hatte, nachdem sich Sofie wieder einmal bei Finn
darüber beschwert hatte, dass sie keinen vernünftigen Mann abbekam. Finn und
Sofie kannten sich schon seit der Grundschule und waren spätestens seit der
fünften Klasse unzertrennlich gewesen. Selbst, wenn einer der beiden in einer
Beziehung war, ihre Freundschaft hatte nie darunter gelitten und mehr als das
war nie zwischen ihnen gewesen. Sie waren immer
füreinander da und Sofie hoffte, dass sich das in Zukunft auch nicht ändern
würde. Vor der WG-Tür
atmete Sofie noch einmal tief durch und drückte die Klingel durch.
Fortsetzung folgt....